Sneewittchen
nach dem Märchen der Gebrüder Grimm 'Schneewittchen'
in einer Bühnenbearbeitung von Gerd Knappe
Die Geschichte von Schneewittchen, doch ausschließlich durch den Spiegel der Königin gesehen.
'Sneewittchen' gehört zur Textreihe:
HANS IM MÄRCHEN UND ANDERE
Spielbuch nach Märchen der Grimm Brüder
Da gibt es die Idee des Spielbuchs als Mosaik des Lebens. Es enthält nicht nur Geschichten, sondern auch Vorgänge, die noch nicht zuende sind, kleine Geschichten, die nach einer großen Geschichte suchen oder da ist ein Mensch für den anderen da und ist gespannt, was geschieht.
Weitere Werke, die im Spielbuch und bei uns zu finden sind:
NA SO WAS
Laufspiel in bewegter Dekoration für sieben Spieler nach ‚Der Hase und der Igel’
HANS IM MÄRCHEN
Ein Glücksfall für sieben Spieler nach ‚Hans im Glück’
IK BÜN KÖNIK
Solo für einen Spieler nach ‚Der Zaunkönig’
DIE FROSCHKÖNIGIN
Ein Duett nach ‚Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich’
SCHLAU SCHLAUER SCHLÄUERLEIN
Für zwei Spieler und eine Sonne nach ‚Der Bauer und der Teufel’
DAS PFERD DER REITER DAS GOLD DAS EISEN
Singspiel für drei nach ‚Der Nagel’
WALDDUETT
Für einen oder zwei oder mehr Spieler nach ‚Rotkäppchen’
Zusätzlich stellen wir Ihnen als Vor- und Nachspiel folgende Textdatei gebührenfrei als Bonusmaterial zur Verfügung:
Spiel mit Scherben
Ein Vorspiel für zwei
(inkl. Vorschlag für ein mögliches Ende)
Theaterpädagogische Perspektive:
Diese Bühnenbearbeitung von Gerd Knappe, die das bekannte Märchen "Schneewittchen" ausschließlich durch den Spiegel der Königin erzählt, ist ein psychologisch vielschichtiges und faszinierendes Stück. Es bietet eine einzigartige Perspektive auf Neid, Schönheit und Besessenheit.
Themen
Das Stück beleuchtet folgende tiefgründige Themen:
- Neid und Eifersucht: Der zentrale Motor der Handlung ist die pathologische Eifersucht der Königin auf Schneewittchens Schönheit. Das Stück erforscht die zerstörerische Kraft dieses Gefühls.
- Schönheitswahn und Selbstwert: Die Königin definiert ihren Wert ausschließlich über ihre Schönheit und die Bestätigung des Spiegels. Dies thematisiert die Gefahr eines übersteigerten Schönheitsideals und die Abhängigkeit von äußerer Bestätigung.
- Wahrnehmung und Realität: Die gesamte Geschichte wird durch die subjektive, verzerrte Sichtweise der Königin erzählt. Der Spiegel ist nicht nur ein Objekt, sondern eine Verlängerung ihres Geistes, der ihre Ängste und Obsessionen reflektiert. Dies regt zur Reflexion über die Subjektivität der Wahrnehmung an.
- Macht und Kontrolle: Die Königin versucht, Kontrolle über ihre Umwelt und insbesondere über Schneewittchen auszuüben, um ihre eigene Position als "die Schönste" zu sichern.
- Dunkle Seiten eines Märchens: Indem die Perspektive der "Bösewichtin" eingenommen wird, werden die dunklen, psychologischen Abgründe des Märchens beleuchtet, die im Original oft nur angedeutet sind.
- Besessenheit und Wahn: Die wiederholte Befragung des Spiegels und die immer verzweifelteren Versuche, Schneewittchen loszuwerden, zeigen den fortschreitenden Wahn der Königin.
Spielanreize
Die ungewöhnliche Erzählperspektive bietet spannende und intensive Spielanreize:
- Monolog oder innerer Dialog mit dem Spiegel: Das Stück kann als intensiver Monolog der Königin gestaltet werden, in dem der Spiegel ihr einziger Gesprächspartner und ihre eigene Reflexion ist. Dies erfordert eine herausragende Sprachgestaltung und emotionalen Ausdruck.
- Stimme des Spiegels: Die Stimme des Spiegels kann durch eine andere Figur, eine Off-Stimme, verzerrte Klänge oder sogar durch die Königin selbst (als gespaltene Persönlichkeit) dargestellt werden. Dies eröffnet Möglichkeiten für Klangexperimente und Sounddesign.
- Körperlicher Ausdruck von Wahn und Besessenheit: Die Königin durchläuft verschiedene Stadien der Verzweiflung und des Wahns. Ihre Körpersprache kann diese Entwicklung eindrücklich sichtbar machen (z.B. von anfangs stolz und selbstsicher zu zunehmend verkrampft und manisch).
- Spiel mit Illusion und Realität: Da alles durch die Augen der Königin (und des Spiegels) gesehen wird, kann mit Verzerrungen, Überlagerungen und der Unklarheit, was real und was Wahn ist, gespielt werden.
- Abstrakte Darstellung von Schneewittchen und anderen Figuren: Schneewittchen muss nie physisch auf der Bühne sein, sondern kann durch die Reaktionen der Königin, durch Projektionen, Schatten oder symbolische Objekte (z.B. ein roter Apfel, ein Kamm) präsent gemacht werden.
- Licht als psychologisches Element: Das Licht kann die psychischen Zustände der Königin widerspiegeln (z.B. dunkle, bedrohliche Töne bei ihren Wutanfällen, gleißendes Licht, wenn sie sich als schönste wähnt).
Zielgruppenansprache
Das Stück ist besonders geeignet für:
- Oberstufe (ab 16 Jahren) und junge Erwachsene: Die psychologische Tiefe, die Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten menschlicher Natur und die abstrakte Erzählweise erfordern ein gewisses Maß an Reife und Reflexionsfähigkeit.
- Theater-AGs, die sich mit Charakterstudien, Monologen oder psychologischem Theater auseinandersetzen wollen: Es bietet eine intensive Herausforderung für eine Hauptdarstellerin oder einen Hauptdarsteller.
- Projekte zu Märchen-Dekonstruktionen, feministischen Perspektiven oder der Darstellung von "Bösewichten": Das Stück lädt dazu ein, über Stereotypen nachzudenken und sich in die Motivationen einer komplexen Figur hineinzuversetzen.
Umsetzungsideen
- Minimalistisches Bühnenbild mit Fokus auf den Spiegel: Ein dunkler, karger Raum, in dessen Zentrum ein großer, vielleicht verzerrter oder spiegelnder Bildschirm steht, der die Rolle des Spiegels einnimmt. Dieser Spiegel kann projizierte Bilder zeigen, Text erscheinen lassen oder einfach nur als Reflexionsfläche dienen.
- Sounddesign als Ausdruck des Wahns: Hallende Stimmen, unheimliche Geräusche, verzerrte Klänge oder eine bedrohliche musikalische Untermalung können die fortschreitende Verzweiflung und den Wahn der Königin untermauern.
- Einsatz von Video und Projektionen: Szenen, die Schneewittchen oder andere Figuren zeigen, könnten als verzerrte oder fragmentarische Projektionen erscheinen, so wie die Königin sie in ihrem Wahn wahrnimmt.
- Stilisierte Kostümierung: Ein prunkvolles, aber vielleicht auch beengendes Kostüm für die Königin, das ihre äußere Fassade und ihre innere Gefangenheit widerspiegelt.
- Choreografische Elemente: Wiederkehrende Bewegungen oder Rituale der Königin vor dem Spiegel können ihre Besessenheit symbolisieren.
- Diskussionsrunde nach der Aufführung: Die Themen des Stücks eignen sich hervorragend für eine Nachbereitung mit dem Publikum, um über Schönheitsideale, Neid und die Konstruktion von Realität zu sprechen.
Rollenarbeit
Die Arbeit an der Rolle der Königin erfordert von der Spielerin:
- Intensive psychologische Auseinandersetzung: Die Fähigkeit, die verschiedenen Schattierungen von Eitelkeit, Unsicherheit, Wut, Hass und Wahn darzustellen. Dies erfordert ein tiefes Eintauchen in die Psyche der Figur.
- Stimmliche und körperliche Transformation: Die Stimme der Königin muss die Bandbreite von arroganter Selbstgewissheit bis zu panischer Verzweiflung abdecken. Ihre Körpersprache sollte ihre innere Zerrissenheit und ihre fortschreitende Besessenheit widerspiegeln.
- Umgang mit einem unsichtbaren Partner (der Spiegel): Die Spielerin muss eine glaubwürdige Beziehung und Interaktion mit dem Spiegel aufbauen, der in Wirklichkeit nur sie selbst und ihre Projektionen widerspiegelt.
- Monologische Ausdauer und Spannung: Wenn das Stück als Monolog inszeniert wird, muss die Spielerin die Spannung über die gesamte Dauer halten können.
- Nuancierung des Wahns: Die Entwicklung vom Kontrollverlust bis zum vollständigen Wahn muss fein abgestuft und nachvollziehbar dargestellt werden.
"Sneewittchen" aus der Perspektive der Königin ist ein herausforderndes und packendes Stück, das eine einzigartige Gelegenheit bietet, die dunklen Facetten eines bekannten Märchens zu erkunden und eine intensive Charakterstudie auf die Bühne zu bringen.