Elisabeth von Thüringen
Hautnah und kindgerecht - 'Geschichte' von Annett & Torsten Sterzik sowie Julia Lucas
Wie stellen sich Kinder eine Heilige vor? - Natürlich mit Heiligenschein und wundersamen Kräften.
All dessen bedarf man nicht, um von dieser herausragenden Frau des Mittelalters zu erzählen. Dennoch kann die thüringische Landgräfin den jungen Zuschauern zeigen, wie schön und erfüllend ein hilfsbereites Leben ist. Und ganz nebenbei wird der wahre Moment eines Wimpernschlags historischer Ereignisse den kleinen jungen Menschen, den Großen von Morgen, nähergebracht.
Am Hof der Wartburg gibt es mal wieder mächtig Ärger. Elisabeth, die künftige Landgräfin von Thüringen, ist im einfachen Gewand zur Messe erschienen. Die eitle und herausgeputzte Schwiegermutter Sophie und der Hofstaat fühlen sich von der aus Ungarn stammenden Elisabeth provoziert. Sie ist und bleibt eben eine Ausländerin, die nicht zu ihnen passt. Allein Ludwig, ihr Gemahl, hält zu ihr und stellt sich immer wieder schützend vor sie.
Doch Ludwig muss für längere Zeit die Wartburg verlassen, denn der Kaiser will einen Reichstag abhalten. Wer soll nun die Geschäfte für ihn führen? Ludwig überträgt zum Unmut der Familie Elisabeth diese Aufgabe.
Diese große Bürde lastet nun auf Elisabeth.
Hagel, Trockenheit und Missernte lassen die Menschen Hunger leiden. Allein am Hof sind die Speicher voll. Aber kann sie die Kornspeicher öffnen lassen? Bringt sie damit nicht die Herrscherfamilie in Gefahr? Endlich, die ersehnte Gelegenheit für Schwiegermutter Sophie und Schwager Heinrich Raspe diese Fremde wieder los zu werden ...
Theaterpädagogische Perspektive:
"Elisabeth von Thüringen" bietet eine kindgerechte und authentische Darstellung einer historischen Persönlichkeit. Das Stück zielt darauf ab, Kindern die Bedeutung von Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe näherzubringen, ohne dabei auf wundersame Elemente zurückzugreifen. Es beleuchtet einen bedeutenden Moment im Leben Elisabeths und verbindet historische Ereignisse mit einer zeitlosen Botschaft.
Themen
Das Stück behandelt folgende wichtige und berührende Themen:
- Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe: Im Zentrum steht Elisabeths unerschütterlicher Wille, den Notleidenden zu helfen, selbst unter persönlichen Risiken. Es zeigt, wie erfüllend ein Leben im Dienste anderer sein kann.
- Akzeptanz und Ablehnung von "Fremden": Elisabeth wird von ihrer Schwiegermutter und dem Hofstaat als "Ausländerin" und "Fremde" wahrgenommen, die nicht "passt". Dies thematisiert Vorurteile und die Schwierigkeit der Integration von Menschen, die anders sind.
- Konflikt zwischen Pflicht und Moral: Elisabeth steht vor der Bürde, die Kornspeicher zu öffnen, obwohl sie damit die Herrscherfamilie in Gefahr bringen und sich selbst angreifbar machen könnte. Dies beleuchtet den moralischen Konflikt zwischen persönlicher Sicherheit/Status und ethischer Verantwortung.
- Stärke einer Frau in einer Männerwelt: Elisabeth übernimmt die Geschäfte in Abwesenheit Ludwigs, was zu dieser Zeit ungewöhnlich war und ihren Mut und ihre Fähigkeiten hervorhebt.
- Macht und Missgunst: Die Schwiegermutter Sophie und Schwager Heinrich Raspe repräsentieren die Missgunst und den Machtkampf am Hof, die Elisabeths Handeln zu ihrem eigenen Vorteil nutzen wollen.
- Historisches Bewusstsein: Das Stück vermittelt "den wahren Moment eines Wimpernschlags historischer Ereignisse" und bringt Kindern auf zugängliche Weise die Lebensumstände des Mittelalters näher.
Spielanreize
Das Stück bietet durch seine historischen Figuren, den Hofalltag und den moralischen Konflikt vielfältige Spielanreize:
- Kontrastreiche Charaktere: Die demütige und hilfsbereite Elisabeth steht im starken Kontrast zur eitlen und missgünstigen Schwiegermutter Sophie sowie dem Hofstaat. Auch Ludwig, der seine Frau unterstützt, bietet eine wichtige Gegenposition. Diese Charaktere bieten viel Potenzial für charakterstarkes Spiel.
- Hofleben und Etikette: Die Darstellung des Lebens an der Wartburg ermöglicht den Einsatz von historischen Kostümen, Requisiten und bestimmten Haltungen und Gesten, die das mittelalterliche Hofleben widerspiegeln.
- Spannungsaufbau: Der Konflikt zwischen Elisabeth und ihrer Familie, die Bedrohung durch Hunger und die Abwesenheit Ludwigs bauen Spannung auf, die zur Frage führt, ob Elisabeth die Speicher öffnen wird.
- Emotionale Tiefe: Elisabeths innere Kämpfe, ihre Sorge um die Menschen und die Last der Verantwortung bieten Raum für ernsthafte und berührende Momente.
- Visuelle Komik: Die Überzeichnung der Eitelkeit Sophies oder des Verhaltens des Hofstaats kann für humorvolle Einlagen sorgen.
- Thematische Aktualität: Obwohl historisch, sind die Themen von Fremdenhass, sozialer Ungleichheit und Zivilcourage hochaktuell.
Zielgruppenansprache
Das Stück ist hervorragend geeignet für:
- Grundschule und Unterstufe (ca. 8–12 Jahre): Die klare Handlung, die Identifikation mit Elisabeth und die verständliche Botschaft sind für diese Altersgruppen sehr zugänglich.
- Theater-AGs, die sich mit historischen Stücken, Charakterstudien oder ethischen Fragen auseinandersetzen möchten: Es bietet eine gute Möglichkeit, über historische Epochen und moralische Dilemmata zu sprechen.
- Schulprojekte zu Geschichte, Religion oder Sozialkunde: Das Stück kann als Ausgangspunkt für fächerübergreifenden Unterricht dienen.
Umsetzungsideen
- Wandelbares Bühnenbild: Ein Bühnenbild, das die Pracht der Wartburg (Thronsaal, Speisekammer) und gleichzeitig die Not der Bevölkerung außerhalb der Mauern andeutet. Dies kann durch wenige, aber wirkungsvolle Elemente (z.B. ein Thron, eine stilisierte Kornkammer, ein angedeutetes Dorf) geschehen.
- Kostüme: Historisch angelehnte Kostüme, die den Status der Figuren widerspiegeln. Elisabeths einfaches Gewand im Kontrast zur Pracht des Hofstaates kann visuell hervorgehoben werden.
- Licht als Stimmungsmacher: Helles Licht für die prunkvollen Szenen am Hof, gedämpftes oder kühleres Licht für die Szenen der Not oder Elisabeths innere Zweifel.
- Sounddesign: Das Gemurmel des Hofstaats, das Knarren von Speichertoren, das Raunen der hungernden Bevölkerung können die Atmosphäre verdichten.
- Chorische Elemente: Der Hofstaat kann chorisch agieren, um seine Ablehnung oder sein Getuschel über Elisabeth auszudrücken. Auch die hungernde Bevölkerung könnte als Chor eine bedrohliche, aber auch berührende Präsenz haben.
- Musikalische Untermalung: Mittelalterliche Klänge oder atmosphärische Musik, die die Stimmung der Szenen und die emotionalen Bögen unterstützt.
Rollenarbeit
Die Arbeit an den Rollen erfordert von den Spieler:innen:
- Für Elisabeth: Die Darstellung ihrer inneren Stärke, ihrer Demut und ihrer tiefen Empathie. Die Spielerin muss ihre moralischen Konflikte und ihre Entschlossenheit glaubhaft machen. Ihre Entwicklung vom verkannten Außenseiter zur Heldin.
- Für Sophie (die Schwiegermutter): Die Darstellung von Eitelkeit, Standesdünkel und Missgunst. Sie ist die Hauptantagonistin und sollte ihre Rolle überzeugend und vielleicht leicht überzeichnet spielen.
- Für Ludwig: Seine Treue und sein Schutz für Elisabeth, seine Rolle als vermittelnde Instanz.
- Für Heinrich Raspe: Seine Missgunst und sein Machthunger, die ihn zu einem gefährlichen Gegner machen.
- Für den Hofstaat: Das Zusammenspiel als Gruppe, die Neid, Spott und Konformität ausdrückt.
- Für die hungernde Bevölkerung: Die Darstellung von Leid, aber auch von Hoffnung und späterer Dankbarkeit (falls diese Szenen vorkommen).
- Ausdruck von Kontrasten: Die Spieler:innen müssen die Gegensätze zwischen Güte und Bösheit, Bescheidenheit und Eitelkeit, Hilfsbereitschaft und Egoismus klar herausarbeiten.
"Elisabeth von Thüringen" ist ein bewegendes und lehrreiches Stück, das jungen Menschen auf empathische Weise eine wichtige historische Figur und universelle Werte wie Hilfsbereitschaft und Zivilcourage näherbringt
Hörbeispiel: Ouvertüre (instrumentaler Soundtrack für ein Halbplayback-Arrangement sowie Orchester Notationen erhältlich)