Charaktere: 9

Besetzung: mind. 7 Darsteller | geschlechterspezifische Variationen und Doppelbesetzungen möglich

Spieldauer: 90

Spielalter: Erwachsene, Jugendliche, Kinder

Publikum: Ab 4

Szenen/Akt: 23

Bilder: 2

Tarif: 4

Mindestgebühr/Auff.: 60,00 EUR

Flüsterlaut und Schlauschön


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Flüsterlaut und Schlauschön

Theater von Anfang an...  von Gerd Knappe

Eine komödiantisch-tiefsinnige Komposition über das Wesen des Theaters, für das es braucht:

Zuerst den Zuschauer: Rummkuck. Dann die Mimen: Daplötzlich und Plötzlichweg. Zwischen dem unglücklichen Gespann: Haudruff und Hinterher streift Köstumdas umher und herum, bis Kannmanhier auftaucht und Theater spielen will.

Kannmannhier versucht es mit Schillers ‚Handschuh‘, Goethes ‚Faust‘ und Knappes ‚Kann man‘.

Doch nicht nur die Namen machen die Funktion ihrer Träger aus. Ihre Sprache ist gestisch. Unter den so einfach scheinenden Sätzen lauert eine Welt von Beziehungen. Berührungen, die gesucht werden, die gelingen und mißlingen, abgewehrt werden, abbrechen. Das macht diese Sprache zu einer Theatersprache. Schließlich raufen sich die Komödianten zusammen, um eine Kurzversion von Molieres ‚Der Geizige‘ zu spielen und kommentieren sie zugleich.

"
FAST ALLES ÜBER UNSER KUCKMICH.

Da ist einer und weiß nicht, was er soll. Wohin ist er nur geraten? Daplötzlich und Plötzlichweg huscheln umher. Rumkuck spielt mit Licht. Wo führt das hin? Da ist etwas davor und da ist etwas dahinter. Da ist etwas mal drinnen und da ist etwas mal draußen. Was für ein Dingedingedingding ist das Ding hier? Kostümdas muss heraus, um in etwas hinein zu kommen. Rumkuck geht den Dingen nach. Haudruff trompetet sich in die Landschaft. Zwei wissen nichts vom Dritten. Alle laufen durcheinander. Weiß einer überhaupt, was er will? Kannmanhier möchte spielen. Kostümdas geht ihren sieben Sachen nach. Haudruff rammt Pfosten in die Landschaft. Es soll alles frei sein. Sein Hinterhernachplapperermöchtegern redet ihm nach dem Mund. Hier ist kein Platz für einen Anderen. Daplötzlich schafft ran, was Plötzlichweg fortträgt. Haudruff braucht einen neuen Keulenschüler, um sich zu beweisen, dass er ein Meister ist. Was hat Rumkuck nur an sich, dass ihn alle anderen stehen lassen? Da müssen sieben Schritte Abstand bleiben, sagt Plötzlichweg, der Daplötzlich sucht. Hinterher versucht ein Vorneweg zu werden. Kostümdas verwandelt sich. Kannmanhier kann immer noch nicht mitspielen. Daplötzlich wird von Plötzlichweg gefunden. Hinterher weiß immer noch nicht, was er will. Warum geht alles so wie es geht durcheinander? Kannmanhier gerät an Haudruff und bleibt am Boden liegen, bis er von Daplötzlich wachgeküsst wird. Kostümdas hat ihre sieben Sachen. Rumkuck sucht immer noch den Anfang vom Theater. Alles kommt durcheinander und findet sich zum Schluss in einer Geschichte, die vergangen ist. So flüsterlaut und schlauschön kann Theater sein.


Theaterpädagogische Perspektive:

Dieses klug gebaute Stück ist ein wahres Labor für theaterpädagogische Prozesse.

Dieses Stück, das man auch als "Das Wesen des Theaters"  betiteln könnte, gleicht einer Meta-Theater-Komödie, die auf spielerische und tiefsinnige Weise die Grundlagen des Theaters selbst erforscht. Die personifizierten Theater-Elemente und die Mischung aus klassischen und modernen Texten bieten eine reiche Spielwiese für die Theaterpädagogik.

Themen

Das Stück beleuchtet eine Reihe von faszinierenden Themen, die für Theaterschaffende und Zuschauende gleichermaßen relevant sind:

  • Das Wesen des Theaters: Was braucht es, damit Theater entsteht? Die Personifizierung von "Zuschauer", "Mimen", "Kostüm" usw. regt zur Reflexion über die essenziellen Bestandteile einer Aufführung an.
  • Kommunikation und Beziehung: Die Beschreibung "unter den so einfach scheinenden Sätzen lauert eine Welt von Beziehungen" und die Betonung von Berührungen, die gelingen oder misslingen, machen Kommunikation – verbal und nonverbal – zu einem Schlüsselthema.
  • Die Rolle des Publikums: Die Figur "Rummkuck" hebt die Bedeutung des Zuschauers hervor, der das Theater erst komplettiert.
  • Der Prozess des Theaterspielens: Das Stück zeigt die Herausforderungen und Freuden des Ensemble-Spiels, das "Zusammenraufen" der Komödianten.
  • Klassiker im Kontext: Die Integration von Texten von Schiller, Goethe und Molière ermöglicht eine Auseinandersetzung mit literarischem Erbe und dessen Aktualität.
  • Meta-Ebene: Das Stück kommentiert sich selbst und den Akt des Theaterspielens, was eine reflexive und humorvolle Distanz schafft.

Spielanreize

Die ungewöhnliche Anlage des Stücks bietet zahlreiche kreative Spielanreize:

  • Körpertheater und Gestik: Die "gestische" Sprache und die funktionalen Namen der Charaktere laden zu einem stark physischen, pantomimischen Spiel ein. Die Emotionen und Beziehungen werden durch Bewegung und Körperausdruck vermittelt.
  • Improvisation und Assoziation: Die abstrahierte Figurendarstellung bietet viel Raum für Improvisationen, um die Beziehungen und das Scheitern von Kommunikation zu erforschen.
  • Sprachliche Experimente: Obwohl die Sprache gestisch ist, muss mit den wenigen Sätzen präzise gearbeitet werden. Klang, Rhythmus und Pausen können hier eine große Rolle spielen.
  • Transformation: Die Charaktere können im Laufe des Stücks unterschiedliche Rollen oder Funktionen annehmen, je nachdem, welche "Theaterfunktion" gerade gefragt ist.
  • Spiel mit Erwartungen: Die Integration bekannter Klassiker wie Schillers "Handschuh" oder Goethes "Faust" in einem komödiantischen und fragmentarischen Kontext bietet Potenzial für humorvolle Brechungen und Verfremdungseffekte.

Zielgruppenansprache

Das Stück eignet sich besonders gut für:

  • Oberstufe (ab 15/16 Jahren) und junge Erwachsene: Die Meta-Ebene, die Abstraktion der Figuren und die Auseinandersetzung mit klassischen Texten erfordern ein höheres Maß an Reflexionsvermögen und Theatervorwissen.
  • Theater-AGs, die sich intensiv mit Theaterformen und -theorie beschäftigen wollen: Es ist ideal für Gruppen, die über das "einfache" Spielen hinausgehen und sich mit dem "Warum" und "Wie" des Theaters auseinandersetzen möchten.
  • Kurse mit Schwerpunkt auf physischem Theater, Clownerei oder Commedia dell'arte: Die komödiantischen und gestischen Elemente passen gut zu diesen Ansätzen.

Umsetzungsideen

  • Minimalistisches, flexibles Bühnenbild: Ein fast leerer Raum, der durch wenige Requisiten oder flexible Elemente (Tücher, Würfel, Podeste) immer wieder neu definiert werden kann, um die verschiedenen "Theaterfunktionen" zu symbolisieren.
  • Stilisierte Kostüme: Die Kostüme könnten die Funktion der Charaktere unterstreichen, anstatt realistische Kleidung darzustellen (z.B. "Rummkuck" mit Fernglas oder Brille, "Haudruff" und "Hinterher" mit Anspielungen auf Streit).
  • Musikalische Untermalung und Geräusche: Musik kann die komödiantische Seite betonen oder die "Welt der Beziehungen" unter den Sätzen atmosphärisch untermauern.
  • Lichtdesign: Der Einsatz von Licht, um Fokus zu schaffen, Stimmungen zu erzeugen oder die Transformationen der Figuren zu unterstützen, ist hier besonders wirkungsvoll.
  • Direkte Interaktion mit dem Publikum: Die Figur "Rummkuck" könnte direkt das Publikum ansprechen, um seine Funktion als Zuschauer zu verdeutlichen und die vierte Wand bewusst zu durchbrechen.
  • Workshop-Charakter: Viel Probenzeit sollte für körperliche Übungen, Improvisationen zu Kommunikation und das gemeinsame Entwickeln der gestischen Sprache genutzt werden. Die Auseinandersetzung mit den klassischen Texten kann auch spielerisch erfolgen, indem sie dekonstruiert und neu zusammengesetzt werden.

Rollenarbeit

Die Rollenarbeit ist hier weniger auf psychologische Tiefe, sondern auf die Verkörperung von Funktionen und das Beherrschen der gestischen Sprache ausgelegt:

  • Verkörperung von Archetypen/Funktionen: Die Spieler:innen müssen verstehen, welche "Funktion" ihre Figur im Theaterprozess einnimmt, und diese physisch und stimmlich überzeichnen.
  • Körpersprache und Mimik: Die Figuren müssen die "Welt von Beziehungen" und die Nuancen von Berührungen, Annäherung und Abwehr nonverbal zum Ausdruck bringen können. Dies erfordert intensives Training von Mimik, Gestik und Haltung.
  • Timing und Rhythmus: Für die komödiantischen Elemente ist ein gutes Timing entscheidend, ebenso wie das Gespür für den Rhythmus der gestischen Sprache.
  • Ensemble-Spiel: Da die Charaktere miteinander in Beziehung stehen und sich zusammenraufen müssen, ist ein hohes Maß an Sensibilität und Reaktionsfähigkeit im Zusammenspiel erforderlich.
  • Auseinandersetzung mit Textfragmenten: Die Spieler:innen, die die klassischen Textpassagen darbieten, müssen diese nicht nur auswendig lernen, sondern auch verstehen, wie sie im Kontext des Meta-Stückes wirken und kommentiert werden können.

Dieses Stück bietet eine großartigen Möglichkeit, mit einer Gruppe sowohl humorvoll als auch intellektuell tiefgründig in die Welt des Theaters einzutauchen und die Grundlagen des Spiels neu zu entdecken.